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Pressemitteilung

Fritz-Külz-Preis geht an Rachana Eshwaran

Wissenschaftliche Arbeit zeigt: Glucosamin schützt offenbar vor Nervenschäden, nicht aber vor Gefäßschäden in der Netzhaut

Die Preisträgerin Rachana Eshwaran

Jeder Zweite in Deutschland nimmt regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel und erhofft sich davon, seine Gesundheit zu verbessern. Doch nicht immer halten die Mittelchen ihre Versprechungen – und können im Zweifel sogar gesundheitliche Risiken bergen. So kann beispielsweise Glucosamin nicht nur die Wirkung von Blutgerinnungshemmern verstärken, sondern außerdem auch den Blutzuckerspiegel verändern. Können Glucosamin-haltige Nahrungsergänzungsmittel damit gegebenenfalls ein Risiko für Diabetiker darstellen?

Dieser Frage ist Rachana Eshwaran in ihrer Doktorarbeit in der Experimentellen Pharmakologie des European Center for Angioscience (ECAS) an der Medizinischen Fakultät Mannheim nachgegangen – und ist dafür aktuell mit dem Fritz-Külz-Preis für experimentell-pharmakologische Forschung ausgezeichnet worden. „Mit ihrer hervorragenden Arbeit holt Rachana Eshwaran erstmals diesen sehr renommierten Preis nach Mannheim“, freut sich ihr Doktorvater, Professor Dr. Thomas Wieland, Leiter der Experimentellen Pharmakologie am ECAS. Die Arbeit wurde durch das DFG-Graduiertenprogramm 1874 "Diabetic Microvascular Complications" (DIAMICOM) gefördert.

Der Preis wird alle zwei Jahre von der Deutschen Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT) verliehen und stellt die höchste Auszeichnung der DGPT für Nachwuchswissenschaftler:innen dar.

Glucosamin ist ein körpereigenes Zuckerderivat und ein natürlicher Bestandteil des Knorpels und der Gelenkflüssigkeit, dem knorpelaufbauende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Patienten, die unter einem Abbau des Gelenkknorpels (Arthrose) oder einer sogenannten Osteoarthritis, einer chronisch-degenerativen Gelenkveränderung mit Knorpelabbau leiden, nehmen folglich Glucosamin gerne als Nahrungsergänzungsmittel zu sich.

Wie lautet aber die Empfehlung für Arthrose-Patienten, die außerdem Diabetiker sind – ist aufgrund des bekannten Einflusses von Glucosamin auf den Blutzuckerspiegel bei der Einnahme von Glucosamin-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln Vorsicht geboten?

Die hohen Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus schädigen vor allem Nerven und Blutgefäße. Auch der diabetischen Netzhauterkrankung (Retinopathie), einer der Folgekrankheiten des Diabetes, liegen zuckerbedingte Schädigungen der feinen Blutgefäße in der Netzhaut des Auges zugrunde.

In ihrer Doktorarbeit untersuchte Rachana Eshwaran die Wirkung von Glucosamin auf die zuckerbedingte Netzhauterkrankung an einem experimentellen Mausmodell für die Zuckerkrankheit. Parallel erforschte sie die zugrundeliegenden Mechanismen anhand von zwei kultivierten Zelltypen, die die Funktion der Gefäße und der Nerven wiederspiegeln – an den die Gefäße auskleidenden Endothelzellen und an sogenannten Müllerzellen, Gliazellen der Netzhaut.

Das Ergebnis war überraschend: Während die Gabe von Glucosamin alleine Gefäßschäden in der Netzhaut verursachte, verbesserte sich die Funktion der Nerven in der zuckergeschädigten Netzhaut. Hinweise dazu liefern auch die untersuchten Zellkulturen: Für die Gefäßschäden in der Netzhaut könnte die Hemmung zweier Faktoren verantwortlich sein, die eine wichtige Rolle bei der Neubildung und dem Wachstum von Gefäßen in der Netzhaut spielen (VEGF-Rezeptor 2 und Angiopoietin 2). Eine durch einen hohen Zuckerspiegel verursachte schädliche Überaktivierung von Gliazellen (sogenannte Gliose) in der Netzhaut hingegen wird durch Glucosamin gehemmt.

Glucosamin kann also sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Netzhaut haben. Der Rat der Wissenschaftler:innen lautet daher, Glucosamin-haltige Nahrungsergänzungsmittel bei Diabetikern mit Osteoarthritis nur mit Vorsicht und unter Kontrolle des Augenhintergrunds einzusetzen.

Publikation
Glucosamine protects against neuronal but not vascular damage in experimental diabetic retinopathy
Rachana Eshwaran, Matthias Kolibabka, Gernot Poschet, Gregor Jainta, Di Zhao, Loic Teuma, Katharina Murillo, Hans-Peter Hammes, Martina Schmidt, Thomas Wieland, Yuxi Feng
Molecular Metabolism 54 (2021) 101333
DOI: 10.1016/j.molmet.2021.101333